Was bisher geschah:1. In Deutschland müssen Fernsehsender, die mehr als zehn Prozent Marktanteil erreichen, Programme "unabhängiger Dritter" senden (zum Beispiel dctp, Focus-TV oder AZ Media TV), um programmliche Vielfalt zu gewährleisten.
2. Manchmal werden Beiträge zwischen den Kanälen der beiden Sendergruppen hin- und hergeschoben, zum Beispiel von AZ Media TV (
siehe hier), was die Idee, die hinter dieser Drittanbieter-Regelung steckt, ad absurdum führt.
Und jetzt machen wir's noch ein bisschen komplizierter:1. Die Produktionsfirmen müssen sich bewerben, um den Zuschlag als Drittanbieter zu bekommen. Die Entscheidung wird von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) gefällt.
2. Im Jahr 2002 hat die KEK die beiden "Sendezeitschienen" bei RTL für den Zeitraum bis 2008 ausgeschrieben. Für die "2. Sendezeitschiene" (u.a. am Sonntag- und Montagabend) bewarben sich die Produktionsfirmen AZ Media TV und MME mit TV Plus.
3. Auf Anraten von RTL bekam AZ Media TV die Zulassung, obwohl es Gründe gab, die dagegen sprachen, weil AZ Media TV nämlich schon vorher zwei Mal ausgewählt worden war und eine "dritte Lizenzperiode" diesmal fünf Jahre dauern sollte. "Das läuft den Wertungen des RStV tendenziell zuwider", merkte die KEK damals an (
KEK 159-3 vom 11. März 2003).
Und vergaß es dann wieder. Denn:
4. RTL erklärte, "der von AZ Media TV bisher geleistete und künftig zu erwartende Vielfaltsbeitrag [sei] höher als der von MME und TV Plus zu werten". Aha.
Und die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) erklärte in ihrer Position als RTL-Lizenzgeber: "Es bestehen (...) keine Zweifel, dass AZ Media TV auch in Zukunft einen Vielfaltsbeitrag leisten wird."
So. Und damit
genug vom Medienregulierungsdeutsch.
Schauen wir uns doch lieber mal an, was AZ Media TV derzeit so Vielfältiges für RTL produziert.
Vor anderthalb Wochen lief bei RTL am Sonntag "Die große Reportage" mit dem Titel:
Screenshot: RTLUnter anderem ging es um einen Berliner Bäcker, der Azubis sucht, aber nur Bewerbungen von Flachpfeifen bekommt.
Einen Tag später zeigte RTL die "Trend-Reportage" mit dem Titel:
Screenshot: RTLUnter anderem ging es darum, wie eine Magdeburger Konditorei Azubis sucht, aber nur Berwerbungen von Flachpfeifen bekommt.
Vielleicht interessiert sich ja jemand dafür, was RTL heute Abend zeigt. Und nächste Woche. In der
Programmvorschau steht:
trend REPORTAGE am 04.12.2006 um 23:30
Barkeeper gesucht! Der Kampf um den Traumjob
trend REPORTAGE am 11.12.2006 um 23:15
PTA gesucht! Der Kampf um den Traumjob
Egal. Kann man ja mal machen, so ein paar Reportagen aus dem Bewerberalltag. Außerdem hat AZ Media TV damit
allerhand Erfahrung - nach
"Friseurin gesucht!" (20.11.),
"Kosmetikerin gesucht!" (13.11.),
"Arzthelferin gesucht!" (6.11.),
"Verkaufsprofi gesucht!" (30.10.),
"Floristin gesucht!" (23.10.),
"Empfangsdame gesucht!" (14.8.) und
"Tierarzthelferin gesucht!" (7.8.).
Was das jetzt mit dem "besseren Vielfaltbeitrag von AZ Media TV im Hauptprogramm von RTL" zu tun hat, den die KEK 2003 feststellte, muss an dieser Stelle aber leider unbeantwortet bleiben.